Kategorien
Archiv

Interview mit dem Visionär und Pionier auf dem Gebiet der Tiefengeothermie – Dr. Erwin Knapek

Foto EK © Privat

Dr. E. Knapek ist Referent auf der Informationsveranstaltung “Wie heizen wir morgen” Energiequellen für ein Wärmenetz: Tiefe Geothermie? Meerwasserwärme? am 31.10.2023 um 17 Uhr in Heikendorf, OGTS, Schulredder 3a.

Eine gemeinsame Veranstaltung des Aktionsforums für Nachhaltigkeit e.V. Heikendorf und der Initiative Klimaschutz Laboe.


IKL: Herr Dr. Knapek – Sie sind der Pionier für die Entwicklung und Nutzung der Tiefengeothermie im Raum München, wenn nicht sogar in der Bundesrepublik. – Was waren rückblickend Ihre drei persönlichen Erfolgsfaktoren?

Dr. Knapek: Grundsätzlich wurde mein Denken seit dem Erscheinen des 1. Berichts des Club of Rome 1972 geleitet durch die nachvollziehbare Vorhersehbarkeit der Endlichkeit der Quellen (Rohstoffe) und insbesondere der Senken (Abfalldeponien wie z.B. Atmosphäre, Biosphäre, Ozeanosphäre) unseres Planeten. Es war seitdem das Leitmotiv für mich möglichst vorausschauend zu handeln. Für die Realisierung des Geothermieprojektes im Besonderen gelten folgende Erfolgsfaktoren: 

  • Die Gründung einer Lokalen Agenda 21 im Jahr 1995 in Unterhaching auf der Grundlage des Kapitels 28 im Abschlussdokument Agenda 21 der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro, um eine stetige Bürgerbeteiligung zu entwickeln, in der Wissen und Tatkraft der Bürgerinnen und Bürger zum Nutzen der Gemeinde gebündelt ist.
  • Die Wahl zum Ersten Bürgermeister der Gemeinde Unterhaching 1996. Das war nie in meiner Lebensplanung vorgesehen. Aber mit dem plötzlichen Tod meines Vorgängers Walter Paetzmann drei Monate vor der Kommunalwahl 1996 in Bayern entschied ich mich auf Anfrage der SPD spontan für die Kandidatur als damals noch parteiloser Seiteneinsteiger in die Politik.
  • Die Erfassung des Energieverbrauchs der Gemeinde Unterhaching nach Einzelhaus – und Gebietstypologie als eine der ersten Amtshandlungen zu beauftragen, um daraus ein Energiewende- und Klimaschutzkonzept für die Gemeinde Unterhaching für einen Zeitraum bis 2015 zu entwickeln.

IKL: Wie viele Anlagen zur Nutzung der Tiefengeothermie gibt es mittlerweile in Bayern? Was sind die Unterschiede? 

Dr. Knapek: In Bayern im Heißwasseraquifer Malm südlich der Donau sind derzeit 25 Geothermieanlagen in Betrieb mit 56 Tiefenbohrungen im Bereich von 2000 bis 5000 m Tiefe. Davon laufen sechs Anlagen als wärmegeführte Heizkraftwerke mit Produktion für Wärme und Strom. Zwei Anlagen erzeugen nur elektrischen Strom. Der Rest sind Heizwerke. Hinzu kommen noch zwei Anlagen mit Tiefenbohrungen bis 4000 m oder 4800 m tiefe, die aufgrund unzureichender Schüttungen (Liter/Sekunde) jetzt als Forschungsbohrungen genutzt werden. Damit sind 34,8 MW elektrische Leistung und 356 MW thermische Leistung grundlastfähig verfügbar. Die Wärmeversorgung erfolgt teils über vorhandene und teils neu gebaute Fernwärmeleitungen. Sieben Anlagen befinden sich in weit fortgeschrittener Planung mit angestrebten Bohrbeginn 2024. Zwei Projekte in Icking und Kirchanschöring scheiterten an der Nichtfündigkeit der prognostizierten Schüttung und sind derzeit eingestellt. Die Nichtfündigkeit hat mit der zu nahen Lage an den Alpen zu tun.

IKL: Was sind die Risiken bei der Tiefengeothermie?

Dr. Knapek: Das größte Risiko ist in Heißwasseraquiferen (hydrothermale Geothermie) keine ausreichende Schüttung des Thermalwassers zu finden, also nichtfündig zu sein. Dieses Risiko lässt sich aber durch seismische Vorerkundungen mit sogenannter 3D-Seismik minimieren. Das o.g. Phänomen am Rand der Alpen hängt mit dem Druck der Alpen auf die geologische Struktur im Malm zusammen, durch den Wasserwegsamkeiten verschlossen werden. Das war bekannt, aber in der Lage der beiden Projekte noch nicht erwartet worden. Ansonsten kann es technische Probleme beim Bohren geben, die aber alle technisch gelöst werden können. Dafür gibt es auch Versicherungen, während es für die Fündigkeit nur schwer verhandelbare Versicherungen gibt. Dazu werden derzeit im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Lösungen erarbeitet. Beim Bohren selbst gibt es keine seismischen Ereignisse. Diese werden nur bei der mechanischen Bearbeitung des Bohrlochs induziert. Das kann technisch gesteuert und damit vermieden werden. In Norddeutschland sind mir keine derartigen seismischen Ereignisse bekannt. Hier ist eher der Oberrheingraben als seismisch noch sehr aktives Gebiet zu beachten.