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„Schönberger Gespräche“: Veranstaltungsreihe zum Schutz der Ostsee beginnt am 11. April 2025

Foto WDG © Privat

Fairerweise muss ich aber darauf hinweisen, dass ich in erster Linie der zentrale Koordinator der „Schönberger Gespräche“ bin. Diese Gesprächsreihe ist ein gemeinsames Kooperationsprojekt der NaturFreunde Deutschlands, Landesverband Schleswig-Holstein, der Arbeitsgemeinschaft Integrierter Umweltschutz und des VDST Tauchsport Landesverband Schleswig-Holstein e.V.. Wir freuen uns über jede weitere Unterstützung.

IKL: Der Schutz der Ostsee ist ein komplexes Thema. – Wo sehen Sie die hauptsächlichen Faktoren, die die Ostsee bedrohen?

Glanz: Hauptproblem sind die Einträge aus der Landwirtschaft, insbesondere die Nitrateinträge. Diese gelangen vor allem durch Gülleausbringung und Mineraldüngung in das Grundwasser und die Vorfluter. Phosphat aus der Mineraldüngung gelangt über Erosion und Verwehung in die Ostsee. Auch Antibiotikarückstände in der Gülle gelangen in die Ostsee. Über Kläranlagen gelangen ebenfalls Phosphate in die Ostsee, aber auch Mikroplastikfasern, Medikamente, Zuckerersatzstoffe, Ewigkeitschemikalien etc. Auch hier kann jeder Einzelne einen Beitrag leisten. Durch menschliches Fehlverhalten gelangen leider auch andere Abfälle, vor allem Plastik und Zigarettenkippen, in die Ostsee. Während die stofflichen Belastungen durch die Schifffahrt, abgesehen von den ebenfalls problematischen Emissionen wie Lärm, Abgase, Antifouling etc. zurückgegangen sind, besteht im Bereich des Segelsports noch Bedarf an niedrigschwelligen Angeboten, insbesondere im Bereich der Schwarz- und Grauwasserentsorgung.

IKL: Was sind Ihre Ziele? Kann man sie in kurzfristige, mittelfristige und langfristige Projekte aufschlüsseln?

Glanz: Wir wollen den Menschen vermitteln, dass wir die Probleme der Ostsee nur gemeinsam lösen können, wenn wir auch eine empathische Beziehung zu diesem wunderbaren Lebensraum aufbauen. Die notwendigen Schutz- und Sanierungsmaßnahmen für die Ostsee brauchen gesellschaftliche und politische Akzeptanz. Natur- und Umweltbildung sind dafür wichtige Instrumente. Das Erarbeiten von lösungsorientierten Konzepten mit Expert*innen ist der Schritt zur Umsetzung.

Letztlich ist es Aufgabe der Politik, diese Konzepte zur Umsetzung zu bringen und die dafür notwendigen finanziellen Mittel zu erschließen und zur Verfügung zu stellen. Es gibt keine große Lösung, sondern nur den Weg über viele synergistische Lösungsansätze, die weit verteiltes Expert*innen-Wissen bündeln. Wenn die Ostsee erst einmal irreparabel geschädigt ist – und wir sind auf dem besten Weg dorthin – wird der ökologische Schaden immens sein. Aber auch der ökonomische Schaden wird beträchtlich sein. In eine stinkende Kloake mit Gesundheitsrisiken kommen keine Touristen z.B. aus Hamburg oder NRW. Deren wirtschaftliche Transferleistungen sind für ein Tourismusland wie Schleswig-Holstein existenziell. Aber auch unsere Küstenfischerei, die auch eine touristische Dimension hat, kann einem toten Meer keine Fische entnehmen. Insofern liegen die Interessen des Naturschutzes und der Küstenfischerei viel näher beieinander, als es die aufgeregten Diskussionen um den Nationalpark Ostsee vermuten lassen.

IKL: Was kann jede(r) Einzelne tun?

Glanz: Informieren Sie sich, kommen Sie nicht nur zu unseren Veranstaltungen, sondern auch zu denen anderer Umweltverbände, es gibt mehr, als man denkt. Allerdings könnte die mediale Begleitung manchmal deutlich besser sein. Unterstützen Sie Personen, Organisationen und Politiker*innen, die sich für den Ostseeschutz einsetzen. Überprüfen Sie Ihr gesamtes Einkaufs-, Konsum- und Mobilitätsverhalten. Das geht meist nur schrittweise und hat durchaus gelegentlich Entzugscharakter. Tipps dazu gibt es viele. Man muss sich nur damit auseinandersetzen und vom Reden zum Handeln kommen. „Öko-Weight-Watcher-Gruppen“ können dabei hilfreich sein.

IKL: Gibt es von Ihnen initiierte Projekte, bei denen Interessierte mitarbeiten können?

Glanz: Die Projekte laufen vor allem in den beteiligten Organisationen. Als Beispiel möchte ich hier nur das Zigarettenkippenprojekt der Naturfreunde nennen. Als Tauchsportverband VDST wollen wir Jugendlichen Unterwassersafaris im Lebensraum Küstenzone der Ostsee ermöglichen und sind gerade in der Vorbereitung. Aber auch alle Umweltverbände leiden unter einem demografisch und kulturell bedingten Nachwuchsmangel. Insofern ist neben dem „Konsumieren“ ökologischer Angebote auch das verantwortliche Engagement junger Menschen in den Strukturen und Verbänden besonders wichtig. Das Langzeitprojekt „Sanierung der Ostsee“ ist nicht nur mit reinen Schutzmaßnahmen verbunden, sondern erfordert auch viele weitere zielführende Maßnahmen. Der Nährstoffüberschuss muss dem System Ostsee wieder entzogen werden, die durch die frühere Steinfischerei verschwundene Strukturvielfalt muss durch das Einbringen von Hartsubstraten wieder ausgeglichen werden. Dies und vieles mehr erfordert einen langen Atem. Dazu muss auch eine „Staffelübergabe“ an die nächste Generation möglich sein.

IKL: Herr Glanz, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen im Interesse der Ostsee – und damit auch uns – viel Erfolg.