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Bericht von der Veranstaltung „Wie heizen wir morgen?“ – Experten informierten

Bürgermeister Heiko Voß und Tade Peetz (links oben.), Dipl. Ing. Roger Mayer (rechts oben.), Prof. Oliver Opel (unten links) und Dr. Erwin Knapek (unten rechts) Fotos RK © Privat

Auf große Resonanz stieß die Informationsveranstaltung am 31. Oktober zu der die Initiative Klimaschutz Laboe und das Aktionsforum für Nachhaltigkeit Heikendorf in die Mensa der OGTS eingeladen hatten. Mehr als 250 Besucherinnen und Besucher waren dabei, als Wissenschaftler, Planer, Praktiker und “Pioniere“ jeweils aus ihrer Sicht über Möglichkeiten und Grenzen von Tiefer GeothermieGroßwärmepumpen und Wärmenetzen informierten und deutlich machten, dass wir bei der Nutzung alternativer Energiequellen vor einer Zeitenwende stehen.

Alle Gemeinden des Amtes Schrevenborn und auch Laboe haben bereits eine kommunale Wärmeplanung beschlossen. Bürgermeister Peetz aus Heikendorf und Bürgermeister Voß aus Laboe informierten über den aktuellen Stand, warnten aber vor zu hohen Erwartungen. Der Förderbescheid für Laboe werde frühestens in neun Monaten vorliegen. Zudem werde es nicht einfach sein, ein Planungsbüro zu finden. Die notwendige Wärmewende müsse auch wirtschaftlich und sozial gestaltet werden. Dazu sei es auch sinnvoll, so Voß, über die Gemeindegrenzen hinauszuschauen. Am Ende wird es sehr auf die Mitwirkung der Bürger*innen selbst ankommen, so Peetz.

Von Dipl. Geophysiker Dr. Kirsch erfuhren die Zuhörerinnen und Zuhörer, dass die geologischen Voraussetzungen für die Nutzung der Tiefengeothermie sowohl in Laboe als auch in Heikendorf voraussichtlich gegeben sind. „Wir können davon ausgehen, dass wir im Raum Laboe – Heikendorf gute Voraussetzungen für die Nutzung der Tiefen Geothermie (bis 2500 m) haben“, so sein Fazit. Für die Umsetzung seien weitere seismische Untersuchungen und mindestens zwei Bohrungen notwendig. Dabei könnten 5 – 10 MW thermische Leistung gewonnen werden, was für die Versorgung von 1000 – 2000 Wohnungen ausreichen würde. Allerdings gelte: „Vor der Hacke ist es dunkel“, in wenigen Fällen könne die Bohrung auch erfolglos bleiben. Dieses Fündigkeitsrisiko müsse frühzeitig abgesichert werden.

Der ehemalige Bürgermeister von Unterhaching, Dr. Erwin Knapek, berichtete mit großer Begeisterung von seinem erfolgreichen Pilotprojekt. Beeindruckt hörten nicht nur die anwesenden Bürgerinnen und Bürger aus Laboe und Heikendorf, sondern auch die beiden Bürgermeister Voß und Peetz, dass in Unterhaching bereits 1996 in Eigeninitiative eine gebäudebezogene Wärmeplanung erstellt wurde. Mit intensiver Bürgerbeteiligung wurden auf dieser Grundlage umfangreiche Treibhausgaseinsparungen vorangetrieben. 2001 fiel die Entscheidung für ein Geothermiekraftwerk, das in den Folgejahren gegen große Widerstände vorangetrieben wurde. Seit 2007 liefert das erste Geothermiekraftwerk Bayerns Fernwärme und spart jährlich 30.000 Tonnen CO2 ein. Seine eindringliche Empfehlung: Kommunen sollten sich so früh wie möglich um eine Aufsuchungserlaubnis bemühen, bevor es kapitalkräftige Investoren tun.

Zur Frage der Wirtschaftlichkeit von Tiefengeothermie-Projekten äußerte sich der Volkswirt Dr. Jörg Böttcher von der Investitionsbank SH. Auch er ist überzeugt: „Die Geothermie wird – im Zusammenspiel mit der Wärmepumpe – die zentrale Säule der Wärmeversorgung in Deutschland sein“. Er machte deutlich, dass die Tiefengeothermie eine unschlagbar effiziente und versorgungssichere Wärmequelle ist und, wie das Beispiel Schwerin zeigt, mit Gestehungskosten von 2,5 ct/kWh auch wirtschaftlich interessant ist. Die Investitionsbank arbeitet an einer Lösung zur Absicherung des Fündigkeitsrisikos.

Fotos AB/JM © Privat

Mit einer Meerwasser-Wärmepumpe kann das Fördewasser auch zum Heizen genutzt werden. Dr. Mark Jahn, Werkleiter der Stadtwerke Neustadt/Holstein, stellte das deutschlandweit erste Kraftwerksprojekt dieser Art vor. Sein Unternehmen (87 Mitarbeiter*innen) plant seit 2014 die klimaneutrale Wärmeversorgung für die Modernisierung des Hafenviertels. Durch die Entnahme von Meerwasser aus dem Hafenbecken wird mit einer eigens entwickelten Großwärmepumpe 70°C heißes Wasser für ein Wärmenetz erzeugt. In der ersten Ausbaustufe soll eine Wärmeleistung von 700 kW erreicht werden, die Inbetriebnahme ist für das erste Quartal 2024 geplant. Jahn erklärte, dass man als Pionier einen langen Atem brauche, aber alle Nachahmer es leichter hätten, da sie von dem Pilotprojekt lernen könnten.

Auch die FH Westküste in Heide beschäftigt sich mit der neuen Technologie. Prof. Dr.-Ing. Oliver Opel berichtete über die dort durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchungen zum Einsatz von Großwärmepumpen in der Gebäudebeheizung, die in Zukunft die Umsetzung solcher Projekte erleichtern werden. Er vermittelte auch einen ersten Eindruck über die Funktionsweise, Dimensionierung und Kosten von Großwärmepumpen, die heute bereits marktreif sind.

Mit einem Wärmenetz könnten z. B. ausgesiedelte Bauernhöfe erreicht werden, was aber bei Kosten von ca. 2.000 € pro Meter Leitungstrasse nicht wirtschaftlich wäre. Der Experte Dipl. Ing. Roger Mayer konnte nachvollziehbar aufzeigen, in welchen Ortsteilen der beiden Dörfer ein Wärmenetz wirtschaftlich denkbar wäre. Nämlich überall dort, wo möglichst große Wärmeverbraucher dicht beieinander liegen. Er ermutigte die Entscheidungsträger, keine Zeit zu verlieren, sondern „einfach zu machen“. Mit dem Aufbau eines Wärmenetzes könne begonnen werden, ohne dass bereits eine erneuerbare Energiequelle erschlossen sei. Voraussetzung sei, dass sich viele an das Netz anschließen.

Welche Erkenntnisse konnten die Veranstalter und das Publikum nach der fast vierstündigen Veranstaltung mit nach Hause nehmen?

Welche  Erkenntnisse konnten die Organisatoren und die Zuhörerinnen und Zuhörer nach der mehr als dreistündigen Veranstaltung mit nach Hause nehmen?

  • Das Thema Wärmewende ist brandaktuell, das zeigt die große Beteiligung.
  • Große Projekte einer Kommune können nur vorangebracht werden, wenn die Bürgerinnen und Bürger mitgenommen werden. 
  • Es gibt realistische Chancen für klimaneutrale Wärmenetze in unseren Kommunen. Die Voraussetzungen und Risiken müssen jetzt mit Tatkraft und Sachverstand Schritt für Schritt geklärt werden.

Dank der sehr guten Zusammenarbeit der Initiative Klimaschutz Laboe und dem Aktionsforum für Nachhaltigkeit, dem Einsatz der vielen freiwilligen Helfer*innen und der empathischen Moderation durch Jutta Briel gelang eine informative und vielfach gelobte Veranstaltung

Die Veranstaltung wurde dankenswerterweise von der Organisation bewirk.sh „Gemeinsam fürs Klima“ der Heinrich-Böll-Stiftung finanziell unterstützt.

Vorträge als pdf-Dokumente zur Ansicht und privaten Verwendung

Dr. R. Kirsch

Dr. E. Knapek

Dr. J. Böttcher

Prof. Dr. O. Opel

Dr. M. Jahn – Link zu Informationen

Dip. Ing. R. Mayer

Kurzbericht