Kategorien
Archiv

Interview mit dem Visionär und Pionier auf dem Gebiet der Tiefengeothermie – Dr. Erwin Knapek

Foto EK © Privat

IKL: Welche betriebswirtschaftlich Organisationsform der Geothermiekraftwerke  ermöglicht Ihrer Meinung nach am besten eine Beteiligung von BürgerInnen?

Dr. Knapek: Am besten wäre eine Bürgerenergiegenossenschaft. Geothermie ist jedoch vom finanziellen Risiko zu hoch, um das zu installieren. Auch der Betrieb einer Wärmeversorgung erfordert hohen (auch rechtlichen) Aufwand. Im kommunalen Betrieb und auch bei Privatinvestoren ist die GmbH & Co. KG das gängige Modell. Hier sollten Wege geschaffen werden, wie sich Bürger an dieser Firma beteiligen können. Insgesamt ist der finanzielle Aufwand so hoch, weil geothermische Energie nicht in kleinteiligen Schritten installiert werden kann. Mit den Bohrungen erschließt man eben ein Potenzial, das anfangs nicht voll genutzt werden kann, zur Verteilung ein Leitungsnetz benötigt und nach bisheriger Erfahrung (bei völligem Neustart) erst nach 10 bis 15 Jahren finanziell positiv wird. Durch die neuen Förderungen des Bundes (Bundesförderung Effiziente Wärmenetze) kann sich dieser Zeitraum zukünftig verkürzen und damit Anreize für eine Bürgerbeteiligung erzeugen. Immerhin handelt es sich um die Investition einer Infrastruktur für viele nachfolgende Generationen.

IKL: Haben wir in Deutschland ausreichend Know how um die Tiefengeothermie voranzutreiben?

Dr. Knapek: Dies ist eindeutig mit „Ja“ zu beantworten. Bereits Ende der 50er Jahre konnten in Deutschland jährlich knapp 800 km Tiefenbohrstrecke realisiert werden. In den 80er Jahren wurden in Mecklenburg-Vorpommern die ersten Geothermieheizwerke geplant, gebohrt und in Betrieb genommen, wie z.B. Waren am Müritzsee 1984. Es gibt einige international sehr anerkannte Institute wie z.B. das GFZ in Potsdam, das Fraunhofer IEG in Bochum, das Leibniz Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) in Hannover, das KIT in Karlsruhe, der Forschungsverbund Geothermie Allianz Bayern (GAB) sowie renommierte Institute an den Universitäten wie z.B. TH Clausthal, RWTH Aachen, TU Berlin, TH Darmstadt, Bergakademie Freiberg, TU München, LMU München, FAU Erlangen etc. Hinzu kommt noch die große Kompetenz unserer Bohrfirmen mit Zentrum in Celle (Bohrmeisterschule) und die gesammelte Erfahrung der Kohlenwasserstofferkundung in Deutschland, auf die wir zurückgreifen können.

IKL: Für die die Verteilung der Wärme aus tiefengeothermischen Anlagen benötigt man Wärmenetze, die hohe Investitionen bedeuten. Was sind Ihre Empfehlungen für die Realisation solcher Wärmenetze?

Dr. Knapek: Für die Planung der Fernwärme ist eine Kenntnis des Wärmeverbrauchs gebäudescharf unabdingbar. Damit bekommt man auch Kenntnis über den eingesetzten Brennstoff und über Bedarfsschwerpunkte im Ort. Mit diesen Daten kann die FW-Leitung von Anfang an wirtschaftlich geplant und verlegt werden. Zudem hat man eine gute Datengrundlage für die Akquise. – Investitionszuschüsse gibt es über die BEW des Bundes. Gut wäre es, wenn das jeweilige Bundesland den kommunalen Betrieben noch Bürgschaften für die Einholung von kommunalen Krediten geben würde. Dazu müssen die Länder aber noch überzeugt und entsprechende Instrumente geschaffen werden.

IKL: Für die Aufsuchung und Nutzung der Tiefengeothermie gibt das Bergrecht den Rahmen vor. – Mögen Sie uns erläutern, wie Sie die kommunale Beteiligung durchgesetzt haben?

Dr. Knapek: Voraussetzung für die bergrechtliche Realisierung von Tiefenbohrungen unter 400 m ist der Besitz eines bergrechtlichen Aufsuchungsfeldes. Das muss bei der jeweilig zuständigen Bergbehörde des Bundeslandes beantragt werden. Rechtliche Grundlage ist dazu das Bundes Berg Gesetz (BbergG), dessen Auslegung den Ländern einen gewissen Spielraum gibt. Grundsätzlich sind aber für die Beantragung eine Machbarkeitsstudie, ein Finanzierungsplan sowie ein Nachweis entsprechender Fachkunde (über Ingenieurbüros etc.)  vorzulegen. Im Finanzierungsplan ist u.a. auch ein Nachweis über einen eventuellen Rückbau der Bohrung bei Nichtfündigkeit zu geben. Da Erdwärme ein sogenannter bergfreier Bodenschatz ist, kann jede Institution oder Privatfirma/person diese Aufsuchungserlaubnis beantragen. Die Behörde erteilt dieses Recht nach Anerkennung der eingereichten Unterlagen und Festlegung der Aufsuchungsfläche für drei Jahre, in denen mit der Aufsuchung begonnen werden sollte. Bei Nachweis von Kapazitätsengpässen etc. wird die Frist meistens ohne Probleme verlängert. Das Aufsuchungsrecht erlaubt nur die Aufsuchung des Bodenschatzes und nicht dessen Förderung. Dazu ist ein weiterer rechtlicher Schritt für die sogenannte bergrechtliche Bewilligung notwendig. Für die Erteilung des Aufsuchungsrechtes fallen je nach Bundesland Kosten im niedrigen fünfstelligen Eurobereich an. Die Fläche des Aufsuchungsfeldes ist nicht an die Gemeindegrenzen gebunden, d.h. sie kann über diese Grenzen hinausgehen. Hierzu kann man bereits in der Machbarkeitsstudie Wünsche festlegen. Es ist vor allem ratsam sich sehr frühzeitig um das Aufsuchungsrecht zu bemühen, bevor hier jemand zuvorkommt. Kommunen werden da nicht bevorzugt behandelt. Inhaber des Aufsuchungsrechtes bestimmen dann zukünftig das Verfahren der Umsetzung und späteren Nutzung. Wichtig zu wissen ist, dass die Bohrauftreffpunkte innerhalb der Grenzen des Aufsuchungsfeldes liegen müssen. Wird die Grenze überschritten gehört das Bohrloch einem etwaigen Nachbarn, der ebenfalls ein Aufsuchungsrecht hat.